Arzneimittel für Kinder unzureichend erforscht
50 Prozent der Arzneimittel für Kinder sind unerforscht (Foto: kindergesundheit.de)
München/Marburg - Kinder werden oft mit Medikamenten behandelt, die arzneimittelrechtlich gar nicht für sie zugelassen sind. In Europa soll dieser Zustand beseitigt und die Entwicklung von mehr kindgerechten Medikamenten unterstützt werden. Denn für mehr als 50 Prozent der Medikamente, gibt es keine wissenschaftliche, auf Kinder und Jugendliche bezogene Daten. "Eine genaue Zahl, wie viel erforschte Medikamente zur Zeit für Kinder auf dem Markt sind, ist nicht bekannt", so Hildegard Debertin, Generalsekretärin der Stiftung Kindergesundheit http://www.kindergesundheit.de , im Gespräch mit Pressetext.
Um Kinder und Jugendliche möglichst wirkungsvoll behandeln zu können, werden genaue Erkenntnisse über Wirkmechanismus, Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit der Arzneien benötigt. Während Arzneimittel für Impfungen und Hustenmittel meist gut untersucht sind, ist dies für Medikamente, die bei Asthma oder Epilepsie angewendet werden schon nicht mehr der Fall. Solche Arzneimittel sind nur an Erwachsenen getestet worden und in ihren Wirkstoffen und möglichen Nebenwirkungen ausschließlich auf erwachsene Patienten ausgerichtet. Wird ein Kind mit derartigen Medikamenten behandelt, besteht keine Dosisempfehlung für den Arzt und es gibt keine Warnungen vor möglichen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.
Die Entwicklung von kindgerechten Medikamenten ist aufgrund des geringen Bedarfs, da Kinder unter 15 Jahren nur 15 Prozent der Bevölkerung darstellen, sehr teuer. Studien mit Kindern sind zudem aufwendig und risikoreich. Außerdem werden die Untersuchungen an Kindern dadurch erschwert, dass im Vergleich zu den USA in Deutschland viel weniger Eltern bereit sind, ihre Kinder an Studien teilnehmen zu lassen.
Durch Änderung des Deutschen Arzneimittelgesetzes wurden im Jahr 2004 wichtige Hürden, die bisher Studien mit Kindern im Weg standen, genommen. Eine Expertengruppe erarbeitet nun Empfehlungen für Arzneimittel. Eine europäische Verordnung zu Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche verspricht weitere Verbesserungen. Europa gebe zwar Richtlinien vor und räume Barrieren frei, aber die Erforschung der Medikamente obliege den Pharmafirmen, erläutert Debertin. Die geplante Verordnung der EU, die pharmazeutische Unternehmen dazu verpflichtet, mehr kindgerechte Medikamente zu entwickeln und vorhandene Medikamente auf ihre Wirkung bei Kindern zu testen, soll im Sommer dieses Jahres vom Europäischen Parlament in zweiter Lesung verabschiedet werden.