Aus dem Organisationsleitung Berliner Bundesbüro der WASG
Wegen des Bundesparteitages sind die WASG-Büros erst ab Mittwoch, 3. Mai wieder erreichbar. Da wir bereits morgen zur Vorbereitung nach Ludwigshafen fahren, erscheint auch bis dahin keine Presseschau.
Liebe KollegInnen,
und hier die heutige WASG-Presseschau, wie immer nicht zur Vervielfältigung oder Weitergabe bestimmt.
Herzliche Grüße aus dem Büro
Irina Neszeri
Organisationsleitung Berliner Bundesbüro der WASG
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MEDIEN: WASG-PRESSESCHAU VOM 26.4.06
INHALT:
Taz: in kürze BAYERISCHE WASG Voll hinter Klaus Ernst
Berliner Zeitung: Linke zittert Parteitagen entgegen
Berliner Zeitung: WAHLRECHT - Alleingang ist so gut wie sicher
Berliner Morgenpost: Parteiausschluß für WASG-Rebellen im Gespräch
Taz (Berlin): Rausschmiss: WASG wehrt sich
Junge Welt: Drei Tenöre und ein Joint
Neues Deutschland: Wahlalternative auf Alternativsuche
Jungle World: »Es geht nicht darum, wer wen mag« Elke Breitenbach
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Taz:
in kürze
BAYERISCHE WASG
Voll hinter Klaus Ernst
Im Streit um eine eigenständige Kandidatur bei der Landtagswahl in Berlin hat sich die bayerische WASG hinter Parteigründer Klaus Ernst gestellt. Der Landesverband forderte die unverzügliche Rücknahme der Wahlanzeigen in Berlin und Meck-Pomm. In Berlin hatte die WASG am Montag eine eigene Landesliste eingereicht. (ap)
taz vom 26.4.2006, S. 7, 12 Z. (Agentur)
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Berliner Zeitung:
Linke zittert Parteitagen entgegen
Delegierte entscheiden über Fusionsprozess
Von Mira Gajevic
BERLIN. Noch hält sich die Linkspartei im Streit um den Alleingang der Berliner WASG auffallend bedeckt. Man will die zerstrittenen Genossen nicht noch zusätzlich provozieren. Doch diese Zurückhaltung dürfte spätestens mit den beiden Bundes-parteitagen von WASG und Linkspartei am Wochenende beendet
sein. Denn der Zorn über die Entscheidung des WASG-Bundesvorstands, den renitenten Berliner Landesverband nicht wie ursprünglich angedroht an einer eigenständigen Kandidatur bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst zu hindern, ist groß. Und damit auch die Sorge, dass das gemeinsame Linksbündnis an ein paar Renegaten scheitern könnte.
Kalt erwischt
Das Einknicken der WASG-Spitze vor den Berlinern hat die Linkspartei kalt erwischt. Auf einer Sondersitzung heute in Berlin will der Parteivorstand die Konsequenzen daraus beraten. Beunruhigt schaut man im Karl-Liebknecht-Haus nach Ludwigshafen, wo sich am Wochenende die 350 WASG-Delegierten treffen. Von ihnen wird abhängen, ob und wie es mit der Fusion der beiden Parteien weitergeht. Auch die WASG-Spitze zittert dem Parteitag entgegen. "Ich kann nicht einschätzen, wie sich die Delegierten verhalten werden", sagt Ulrich Maurer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion. "Die große Mehrheit der Mitgliedschaft repräsentieren sie nicht."
Denn die Delegierten wurden schon vor einem Jahr gewählt, als die frisch gegründete WASG nur 3 000 Mitglieder zählte. Seit dem ist viel passiert:
Die WASG ist knapp 12 000 Mitglieder stark, der ehemalige SPD-Chef Oskar Lafontaine ist dazugestoßen, einige WASGler sitzen im Bundestag. Niemand weiß jedoch, wie gewogen die Mitglieder der ersten Stunde den Fusionsplänen mit der Linkspartei sind. Der WASG-Vorstand hofft jetzt auf ein deutliches Signal des Parteitags an die Berliner, die Wahlanzeige wieder zurückzuziehen. Sonst drohe ein Ausschluss des Berliner Verbandes, warnte Vorstand Murat Cakir in der Frankfurter Rundschau.
Doch es ist ungewiss, ob das verbale Aufrüsten die Delegierten beeindruckt. In der Basis dürfte der Rauswurf eines Landesverbands kaum eine Mehrheit finden. Selbst die eigenmächtige Rücknahme der Berliner Wahlanmeldung traute
sich der Vorstand nicht aus Furcht vor den aufmüpfigen Mitgliedern, die sich von ihrer Führung nicht gängeln lassen wollen und immer lauter ihren Unmut kundtun.
Und auch in der Linkspartei warnen einige wie Partei-Vize Katja Kipping vor einer Spaltung der WASG in Fusionsbefürworter und Gegner: "Es kann jetzt nicht darum gehen, Leute in der WASG abzuwerben. Das große Potenzial wird nur abgeschöpft, wenn wir uns wirklich auf einen gemeinsamen Parteibildungsprozess einlassen", mahnt Kipping ihre Parteigenossen. Vom ursprüng-lichen Projekt einer linken gesamtdeutschen Partei würde sonst nicht mehr viel übrig bleiben.
Dabei scheint die Basis nicht so sehr das Zusammengehen mit der Linkspartei abzulehnen als vielmehr das Tempo und den Weg dahin. Vor allem am Vorstand Klaus Ernst entlädt sich der Zorn. Viele fühlen sich von dem wortgewaltigen bayerischen Gewerkschafter überfahren. Er nehme die Basis nicht mit, presche zu oft vor, sei nicht links genug, lauten die Vorwürfe gegen den Fraktionsvize in den linken Foren im Internet.
Die Linkspartei ist in diesen Querelen auf die Bank des ohnmächtigen Beobachters verbannt. Während sie am Wochenende in Halle tagt, bleibt ihr nur das extra geschaltete "rote Telefon", um sich über die Ereignisse in
Ludwigshafen auf dem laufenden zu halten.
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Berliner Zeitung:
WAHLRECHT
Alleingang ist so gut wie sicher
Von jan.
Gegen den geplanten Alleinantritt der Berliner WASG zur Abgeordnetenhauswahl
im Herbst kann der Bundesvorstand der Partei aller Voraussicht nach wahlrechtlich nichts mehr ausrichten. Auch dann nicht, falls der Bundesparteitag am Wochenende eine Aufforderung an den widerspenstigen Berliner WASG-Vorstand verabschieden sollte, seine längst eingereichte Wahlanzeige zurückzuziehen. Berlins Wahlleiter Andreas Schmidt von Puskas sagte der Berliner Zeitung, die Rücknahme einer Wahlanzeige sei zwar gesetzlich nicht geregelt. Genau darum könnte dies seiner Ansicht nach aber
nur derjenige tun, der sie auch als einziger einreichen durfte
- und das ist der WASG-Landesvorstand.
"Bundesvorstände von Parteien tauchen im Berliner Wahlgesetz nicht auf", sagte Schmidt von Puskas. Die endgültige Entscheidung darüber würde nicht er allein, sondern der sieben-köpfige Landeswahlausschuss fällen, besetzt mit dem Wahlleiter und sechs Vertretern der Parteien im Abgeordnetenhaus. Mit
einer Kontroverse in dem Gremium rechnet Schmidt von Puskas nicht. Seinen Standpunkt werde er gegebenenfalls am 1. Juni vortragen, dem Termin, an dem der Landeswahlausschuss über die Wahlanzeigen befindet. Die Unterlagen dafür, nämlich den Nachweis der Parteieigenschaft und die Wahlbeteiligungsanzeige selbst, müssen alle Parteien bis zum 17.Mai eingereicht haben. Für Kandidatenlisten samt Unterstützerunterschriften ist dann noch bis zum 11. Juli Zeit.
Laut dem Landeswahlleiter-Büro könnte der WASG-Bundesvorstand daher nur noch bis zum 17. Mai überhaupt den Versuch unternehmen, die Wahlanzeige der Berliner zu kassieren. Nach der Sitzung des Wahlausschusses am 1. Juni wäre
eine Rücknahme selbst dem Landesvorstand nicht mehr möglich - der dies ohnehin strikt ablehnt. Für eine etwaige Beschwerde stünde beiden WASG-Ebenen nach dem 1. Juni nur noch der Gang zum Landesverfassungsgericht offen. Auf die Wahl hätte dies keinen Einfluss mehr. Denn das Gericht entscheidet über Beschwerden erst nach dem Wahltermin am 17. September.
Sollten Mitglieder der (in sich gespaltenen) WASG Berlin auf der Landesliste der konkurrierenden Linkspartei antreten wollen, müssten sie mindestens Doppelmitglieder sein. (jan.)
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Berliner Morgenpost:
Parteiausschluß für WASG-Rebellen im Gespräch
Im Streit um den eigenständigen Antritt des Berliner Landesverbandes der WASG zur Abgeordnetenhauswahl schließt Murat Cakir vom WASG-Bundesvorstand ein Parteiausschluß-verfahren gegen die Berliner Rebellen nicht mehr aus.
"Sollte der WASG-Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Ludwigshafen beschließen, daß konkurrierende Kandidaturen zur Linkspartei.PDS nicht hingenommen werden und der Berliner Landesverband trotzdem daran festhalten würde, wäre dies parteischädigendes Verhalten", sagte Cakir gestern dieser
Zeitung. "Dann tritt die Satzung in Kraft, die ein Parteiausschluß-verfahren zuläßt."
Ob der Bundesparteitag sich für diese administrative Maßnahme entscheidet, ist fraglich. WASG-Bundesvorstandsprecher Björn Radke geht davon aus, daß der Bundesparteitag zwar vom Berliner Landesverband verlangen wird, die eigenständige Kandidatur zurückzunehmen, administrative Maßnahmen aber ablehnen wird.
Schoe
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Taz (Berlin):
Rausschmiss: WASG wehrt sich
Die Berliner Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) hat Pläne des Bundesvorstands zum Parteiausschluss des Landesverbandes kritisiert. Es könne nicht sein, dass sich die Bundesspitze in die Wahlkämpfe der Landesverbände einmische, sagte der Sprecher der Berliner WASG, Gerhard Seyfarth. Er appellierte an die Delegierten des WASG-Bundesparteitags am Wochenende, den Konflikt über den Wahlantritt der Berliner WASG in Konkurrenz zur Linkspartei bei der Abgeordnetenhaus-wahl "demokratisch und ohne Ausschlüsse" zu regeln. In der Konsequenz müsse dies bedeuten, dass die Berliner WASG eigenständig antreten darf. DDP
taz Berlin lokal vom 26.4.2006, S. 21, 23 Z. (Agentur)
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Junge Welt:
Drei Tenöre und ein Joint
In Linkspartei und WASG treten landsmannschaftliche Chöre auf die Bühne:
Bayern, Rheinländer und ein Schwabe singen dissonant
Von Jürgen Elsässer
Emanzipatorische Linke: Julia Bonk, Linkspartei-Abgeordnete in Sachsen Foto: AP
Im Streit um eine eigenständige Kandidatur bei der Landtagswahl in Berlin hat sich die bayerische WASG hinter Parteigründer Klaus Ernst gestellt. In einer Presseerklärung vom Dienstag forderte der Landesverband die unverzügliche Rücknahme der Konkurrenz-kandidatur gegen die Linkspartei in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Zuvor hatte dies der Bundesvorstand der WASG gegen die Stimme von Ernst abgelehnt.
Scharfe Kritik an der Entscheidung des WASG-Bundesvorstands übte auch der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Ulrich Maurer, der selbst die Möglichkeit einer Parteispaltung nicht ausschloß. »Sollten sich die Delegierten des Bundesparteitags am Wochenende in Ludwigshafen nicht für die
Rücknahme der Wahlanzeige entscheiden, dann ist das Projekt WASG als Parteibildungsprozeß mit der Linkspartei gescheitert«, sagte der Schwabe der Berliner Zeitung. »Das heißt, daß alle diejenigen, die die Neubildung wollen, in dem Organisations-verband nicht mehr bleiben können«, wird Maurer weiter zitiert.
Gegen die bayrisch-schwäbische Fronde verfaßten die Befürworter eines konsensualen Umgangs mit den Berliner Abweichlern ein neues Diskussionspapier mit dem adjektivgesättigten Titel »Für eine starke, geeinte Partei der demokratischen Linken!« Zu den Unterzeichnern gehören die WASG-Bundesvorständler Thies Gleiss und Rainer Spilker sowie zahlreiche Funktionäre aus dem mitgliederstärksten Landesverband Nordrhein-Westfalen,darunter
auch die Bundestagsfraktionsvize Ingrid Höger und mit Nele Hirsch
eine weitere Bundestagsabgeordnete der Linkspartei. Im Fettdruck wird gefordert, was der WASG-Parteitag beschließen möge: »Wir wollen die neoliberale Hegemonie durchbrechen! Wir streben einen Politikwechsel an! Wir werden ein linkes gesamtgesellschaftliches Gegenmachtkonzept entwickeln!«
Das ist freilich so allgemein, daß es auch ein SPD-Parteitag nach der ersten Freibierrunde durchwinken würde. Konkretisierungen sucht man im weiteren vergeblich, dagegen setzt es einige giftige Spitzen gegen die Gegner in den eigenen Reihen. So wird es als Fehler dargestellt, wenn die Parteispitze die Rücknahme der Berliner Separatkandidatur von oben durchsetzen wolle, und
nach einer »breit akzeptierten, integrativen politischen Führung« für die WASG gerufen. Das ist ein verklausulierter Abwahlantrag gegen die bisherige Führung um Ernst.
Im Gegensatz zum Papierkrieg in der WASG geht es in der Linkspartei eher gemächlich zu. Zu Wochenanfang trat eine Gruppe »emanzipatorische Linke« mit einer programmatischen Erklärung an die Öffentlichkeit, die einen Ausweg aus der Polarisierung der Parteiflügel versucht. »Freiheit und Sozialismus –
Let's make it real« ist das Manifest vor allem ostdeutscher
Jungparlamentarier um die Dresdner Bundestagsabgeordnete Katja Kipping überschrieben. »Grund-, Freiheits- und Menschenrechte haben nicht in allen Phasen und Strömungen der Linken den prominenten Platz gehabt, der ihnen gebührt«, wird darin geklagt. Die unterschiedlichen »Lebens- und Liebesweisen« müßten ohne »repressive Normsetzung« ausprobiert werden
können, »Zwang zur Arbeit« sei sowieso abzulehnen. Daß die postmodernen Invidualisierungsschübe zur Zerstörung des Sozialstaates und die Menschenrechte zur Entfesselung von Kriegen genutzt werden, macht den Gennoss/inn/en erkennbar kein Kopfzerbrechen. Das ganze Papier kommt so freundlich und flockig daher, daß man es auch zum Drehen einer großen Haschisch-Tüte verwenden könnte. Wetten, daß nach den ersten Zügen auch die WASG-Streithähne neue Einsichten gewinnen?
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Neues Deutschland:
Wahlalternative auf Alternativsuche
WASG vor der Entscheidung: Orakeln über Spaltung oder Rausschmiss der Berliner
Im Vorfeld der Parteitage von Linkspartei und WASG am kommenden Wochenende eskaliert der Konflikt in der Wahlalternative um eine konkurrierende Kandidatur seines Berliner Landesverbandes zur Linkspartei. Die Rede ist von
Spaltung oder Rausschmiss.
Berlin (ND-Oertel/Kalbe). Nach Einschätzung des Parlamentarischen Geschäftsführers der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulrich Maurer, wird der Ludwigshafener WASG-Bundesparteitag am Wochenende Klarheit bringen, wer die neue linke Partei bilden will – und wer nicht. Wie Maurer gegenüber ND erklärte, würde die Durchsetzung des konkurrierenden Wahlantritts die Spaltung der WASG bedeuten. Befürworter des neuen Projekts müssten sich dann neu formieren, erklärte Maurer.
Notfalls, so berichtet die »Frankfurter Rundschau«, wolle der WASG-Bundesvorstand den widerspenstigen Berliner Landesverband aus der Partei werfen und sich dafür Rückendeckung vom Parteitag holen. Das Treffen,
so wird WASG-Vorstandsmitglied Murat Cakir zitiert, müsse den Berlinern signalisieren, dass ein eigener Wahlantritt nicht hinnehmbar sei. »Sollten die Berliner trotzdem an ihrem Kurs festhalten, muss man klar und deutlich
sagen, dass sich die Wege trennen.« Vorstandsmitglied Christine Buchholz hofft auf eine politische Verurteilung
des Vorgehens der Berliner durch den Parteitag, lässt die Konsequenzen jedoch vorerst offen. Sie befürworte vielmehr eine deutliche Unterstützung der Teile der Berliner WASG, die sich immer klar für eine Fusion ausgesprochen haben. Das müsse vorrangige Aufgabe des Parteitages sein, sagte sie gegenüber ND. Der WASG-Landesvorstand Bayerns forderte indes ultimativ von den Berlinern die Rücknahme ihrer Kandidatur.
Gegen die Einmischung »in die Wahlkämpfe der Landesverbände« verwahrte sich der Sprecher der Berliner WASG, Gerhard Seyfarth gegenüber ddp. Er appellierte, den Konflikt »demokratisch und ohne Ausschlüsse« zu regeln.
Umstritten sind auch die juristischen Weiterungen. Während WASG-Vorstand Klaus Ernst im ND-Interview erklärt hatte, dass die Berliner nur noch selbst ihre Kandidatenliste zurückziehen könnten, sagte Bodo Ramelow, Fraktionsvize der Linken im Bundestag, »juristisch offen« sei, ob nicht auch der Bundesvorstand bis zur Anmeldefrist am 17. Mai wirksam werden könne. Dies jedoch habe er nicht zu kommentieren. Ramelow: Die WASG habe sich zu
entscheiden, ob sie »revolutionäre Straßenkampfpartei« werden wolle oder »eine linke Partei, die die Gesellschaft verändert«. Dies habe er ironisch gemeint, so Ramelow einschränkend gegenüber ND, weil die WASG Berlin eher
»Hinterzimmerkämpfe« ausfechte. Er gehe davon aus, dass die Befürworter der Parteineubildung in der WASG die
»richtigen Entscheidungen treffen« werde, äußerte
Linkspartei-Geschäftsführer Dietmar Bartsch gegenüber ND sibyllinisch. Wie er bestätigte, wird sich der Linkspartei- Vorstand heute in einer Sondersitzung nochmals mit dem Problem beschäftigen.
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Jungle World:
»Es geht nicht darum, wer wen mag«
Elke Breitenbach
Vor dem Parteitag der Linkspartei in Halle am kommenden Wochenende ist ein Richtungskampf ausgebrochen. Der ehemalige Vizevorsitzende Dieter Dehm wirft dem Parteivorsitzenden Lothar Bisky vor, bei den Vorstandswahlen einen »Rechtsruck« einleiten zu wollen. Gerade die Kandidatinnen des »Netzwerks Reformlinke« stehen in der Kritik des langjährigen Sozialdemokraten Dehm.
Mit der Berliner Abgeordneten Elke Breitenbach, die der »Reformlinken« angehört, sprach Ivo Bozic.
Der gegenwärtige Machtkampf erinnert stark an den Parteitag von Gera 2002, als sämtliche Reformer abserviert wurden und sich überraschend rund um Dieter Dehm ein Bündnis von ehemaligen SPD-Mitgliedern und orthodoxen Kommunisten durchsetzte. Droht jetzt ein neues Gera?
Nein. Das sehe ich nicht. Ich glaube, dass wir auf dem Parteitag ganz normal den Parteivorstand wählen werden und uns ansonsten über Sachfragen verständigen.
Das dachte man vor Gera auch, und plötzlich stand die ganze Partei Kopf.
Die Mehrheit der Delegierten, das haben Delegiertenberatungen gezeigt, hat
keine Lust auf solche Personalquerelen.
Dieter Dehm hat in einem offenen Brief behauptet, Sie hätten zu ihm gesagt, er sei »blöder als ein Stück Scheiße«. Wie kam es zu dieser Eskalation?
Es gab von Dieter Dehm im Vorfeld Mails, in denen er sich über einzelne Personen ausgelassen hat, wie ich finde, auf eine sehr unfaire und persönlich verletzende Art. Als wir uns in einer Kneipe trafen, wollte er mit mir plaudern, und ich habe ihm gesagt, er soll mich in Ruhe lassen. Das hat er nicht akzeptiert, und dann gab es einen Wortwechsel, bei dem dieser Satz fiel.
Worum geht es da inhaltlich bei diesem Streit?
Es geht leider nicht um Inhalte. Dabei sollten wir in der Linkspartei um Sachfragen streiten. Es geht nicht darum, wer wen mag, oder wer nun links, rechts oder in der Mitte ist.
Dehm spricht aber von einem drohenden »Rechtsruck« und meint damit die Kandidaturen der so genannten Reformlinken, also auch Ihre. Jetzt gibt es auch noch eine »Emanzipatorische Linke« um Katja Kipping, die von Dehm ebenfalls für rechts gehalten wird. Können Sie uns darüber aufklären ,o rechts und wo links ist in dieser Linkspartei?
Es gibt niemanden in dieser Partei, der sich selbst rechts verorten würde, und ich finde, dass niemand das Recht hat, Leute in diese Kategorien einzuteilen. Ich halte das auch für wenig hilfreich.
Aber um politische Überzeugungen geht der Konflikt schon?
Ja, zum Beispiel um das Thema Regierungsbeteiligungen. Es gibt unterschiedliche Einschätzungen, aber das ist legitim und auch logisch.
Sie sind Sprecherin des »Netzwerks Reformlinke«. Wofür steht diese Plattform?
Die »Reformlinke« hat sich nach Gera gegründet. Uns ging es darum, dass wir konkret Konzepte entwickeln wollen, wie wir als Partei Politik gestalten können, um diese Gesellschaft zu verändern. Für uns wie für die Mehrheit der Partei ist es klar, dass wir uns an Protest und Widerstand beteiligen, dass wir aber auch politisch gestalten wollen, und das sowohl in der Regierungsverantwortung als auch in der Opposition, und dass wir Reformalternativen entwickeln, die über den Kapitalismus hinausweisen.
Droht denn ein langwieriger Flügelstreit, oder sind das alles nur Scheingefechte vor dem Parteitag?
Es gibt keinen Flügelkampf. In vielen einzelnen Sachfragen gibt es Gemeinsamkeiten und auch unterschiedliche Positionen über alle vermeintlichen Flügel hinweg.
Sie und die von Lothar Bisky als Vizevorsitzende nominierte Katina Schubert gelten nicht nur als »Reformlinke«, sondern noch dazu als »Berliner Senatsflügel«. Was ist denn das schon wieder?
Keine Ahnung, da müssen Sie die fragen, die den Begriff verwenden.
Sie engagieren sich für Antifaschismus, Katina Schubert hat sich immer
besonders gegen Rassismus eingesetzt. Stimmt der Eindruck, dass die »Reformlinken« eher Menschenrechts- fragen in den Mittelpunkt stellen und die »Gera-Linken« ausschließlich die soziale Frage?
Diese Debatte müssen wir jetzt dringend führen. Bei den gemeinsamen programmatischen Eckpunkten von Wasg und Linkspartei, die nun vorliegen, liegt der Schwerpunkt auf der sozialen Frage. Freiheits- und Menschenrechte haben einen geringeren Stellenwert. Wir als »Reformlinke« stehen für die Einheit von sozialen und Freiheits- und Menschenrechten.
Wer die Politik der rot-roten Regierung in Berlin mitträgt und konsequent für Regierungsbeteiligungen bis auf Bundesebene eintritt, muss aber schon begründen, weshalb er mehr ist als ein Sozialdemokrat.
Die Linkspartei will diese Gesellschaft und damit auch politische Mehrheiten ändern. Dies beinhaltet dann logischerweise auch die Option auf Regierungsbeteiligungen auf allen Ebenen. Ob man sich an einer Regierung beteiligt oder nicht, muss man immer im Einzelfall entscheiden.
Regierungsbeteiligung an sich ist kein Wert, Opposition aber auch nicht. Es kommt darauf an, was man jeweils erreichen kann.
Katina Schubert wird auch vorgeworfen, eine scharfe Kritikerin Oskar Lafontaines zu sein. Es heißt, der Fusionsprozess mit der Wasg sei deshalb gefährdet.
Das ist Quatsch. Es gab von Katina Schubert, aber auch von mir und anderen Kritik an bestimmten Positionen Lafontaines, wie etwa nach seiner »Fremdarbeiter«-Äußerung, aber ansonsten war gerade Katina Schubert eine derjenigen, die die programmatischen Verhandlungen mit der Wasg vorangebracht hat. Der Fusionsprozess ist wichtig. Ich will, dass wir eine neue starke linke Partei gründen können, und dazu gehören inhaltliche Auseinandersetzungen. Jegliche Zusammenarbeit kann nur auf der Grundlage von inhaltlichen Übereinstimmungen funktionieren.
Die Stadträtin Christine Ostrowski, die die Privatisierung der öffentlichen Wohnungen in Dresden mitgetragen hat, will auf dem Parteitag einen Antrag einbringen, der solche Veräußerungen künftig billigt. Stimmen Sie zu?
Den Antrag finde ich falsch. Trotzdem gibt es ein Problem, wenn es um öffentliche Finanzen geht. Da ist es unsere Aufgabe als Linkspartei, Konzepte zu entwickeln, wie wir erstens die Privatisierung von Institutionen der öffentlichen Daseinsvorsorge verhindern können, und wie wir es zweitens schaffen, diese Betriebe zu erhalten. Beides ist zentral, und das Erste ergibt ohne das Zweite keinen Sinn.
Halten Sie die Berliner Regierungsbeteiligung für ein Erfolgsmodell?
Ich denke durchaus, dass es uns in Berlin angesichts der gegeben Bedingungen gelungen ist, eine sozial gerechte Politik zu machen.
Das sieht die Berliner Wasg ganz anders.
Es gab viele Gespräche mit ihr, und ich finde, dass die Berliner Wasg für die anstehenden Fragen und Probleme keine umsetzbaren politischen Konzepte hat.
Was passiert, wenn es in Halle zum großen Knall kommt, so wie in Gera? Damals drohte die ganze Partei auseinanderzufliegen.
Ich gehe nicht von so einem Knall aus, dafür spricht im Moment nichts.
Genießt Lothar Bisky noch genügend Rückhalt? Dehm wirft ihm ja vor, für den angeblichen Rechtsruck verantwortlich zu sein.
Dehm ist aber der einzige, den ich kenne, der so etwas sagt.
P. S.:
Was soll das denn:
"Organisationsleitung Berliner Bundesbüro der WASG" will n i c h t
(siehe oben fett hervorgehoben), dass ...