Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!
nach.
Es hat wenig Sinn nun den Ludwigshafener Parteitag „nachzukarten".
Die Fehler die bei der Vorbereitung in Mannheim gemacht wurden,
haben zu den Abstimmungsniederlagen geführt, die zwar beklagenswert sind, die man aber auch zu verantworten hat. Wer in Mannheim seine „Einladerrolle" hervorkehrt und sich wie ein Hausherr aufführt, der darf sich nicht wundern, wenn er von einer gut organisierten BUVO Strategie überrollt wird.
Eine Gegenstrategie konnte nicht einmal im Ansatz entwickelt werden, um zum Erfolg zu kommen. Möglich wäre sie gewesen, denn nicht nur ich verfüge über reichlich Erfahrung, wie man Gewerkschaftstage und andere Veranstaltungen so organisiert, dass es keine „Zufallsabstimmungen" oder Niederlagen gibt.
Der Knackpunkt am Beginn des Parteitages war neben dem Präsidium die Antragsberatungskommission. Beim Präsidium
war man noch bereit „aufzustocken", bei der Antragsberatungs- kommission nicht. Mein Antrag dazu wurde vom Parteitag nach einer feinen „Gegenrede" niedergestimmt. Damit war der Anfang vom Ende der Parteitagsopposition eingeläutet.
Das dazu.
Ich werde mich nicht in einem „Mainstream der PDS-WASG-
Fusion integrieren lassen", wie Norbert schreibt und mit mir eine
Mehrheit der in Kassel Anwesenden. Das zeigt auch die verabschiedete Anschlusserklärung sehr deutlich. Wer meint noch in der WASG weitere Niederlagen erleben zu müssen, der kämpft dort eben weiter. Für mich ist wichtig, dass wir mit dem Netzwerk linke Opposition eine Möglichkeit bekommen uns mit unseren politischen Vorstellungen wieder zu erkennen, ohne in den Strudel
verhängnisvoller „Parteineugründungen" zu geraten die jetzt, als
Zeichen des Niedergangs der WASG, vor allem in mehr „rechten
Kreisen" als Lösung bevorzugt werden. Es ist die Frage zu klären ob
in Zukunft überhaupt Parteien in der Lage sind, Veränderungen
durchzusetzen. Satzungen, Hierarchien und was weiß ich noch haben nur den Zweck genau das zu verhindern.
Wenn heute jemand meint die 8-9% der L.PDS bei der Sonntagsfrage seien gut, der möge sich erinnern, dass aus dem 13% Sonntagsfrageergebnis dann etwas mehr als
8% reale Stimmen wurden. Also damals ein Schwund von fast 5% vom Sonntagsfrageergebnis zur realen Wahl. Beim heutigen Stand bedeutet das, dass die 5% nicht erreicht werden. Auch die Einschätzung von Edith, die WASG Spitze sei in der westdeutschen Arbeiterbewegung verankert, teile ich nicht. Sie ist in durchaus „rechten" Funktionärskreisen der Gewerkschaften verankert, die ihre
Kommunismusfeindliche
Einstellung aufgegeben haben, weil sie festgestellt haben, dass bei der L.PDS die gleiche Funktionärskaste wie in den Gewerkschaften herrscht. Das zeigt auch das Ergebnis des DGB Kongresses der sich funktionärsmäßig neu und angepasst aufstellte.
Wer in Kassel war und dort nicht begriffen hat, dass es keine Chance in der neuen linken Partei gibt, radikale antineoliberale Politik durchzusetzen, der träumt oder hofft auf eine Karriere. Ulla, die Gesundheitsministerin, war ja auch mal KWB Mitglied!
Wir haben es zugelassen, dass sich eine von der Mitgliedschaft nicht kontrollierte Bundestagsfraktion entwickelt hat, die nun die Politik und Strategie der beiden Parteien bestimmt. Das sah man in
radikalster Deutlichkeit in Ludwigshafen. Wenn jemand jetzt glaubt
es gäbe im Herbst auf dem nächsten Bundeskongress noch eine
schlagkräftige Opposition der täuscht sich gewaltig.
Es werden neue Delegierte gewählt und die in der Mehrheit linientreuen und fusionsgeilen Bundes- und Landesvorstände werden dafür sorgen, dass Oppositionelle kein Mandat bekommen werden.
Es ist bedauerlich dass Norbert diese in Kassel sehr deutlich werdende Einschätzung nicht schildert und die daraus resultierende Konsequenz, dass wir außerhalb der Parteistrukturen ein leistungsfähiges und gut funktionierendes Netzwerk brauchen, das zu neuen Erkenntnissen und Arbeitsmethoden führen muss und das so stark ist, das es (zum Beispiel über Plakataktionen, oder Intensivierung der Installierung von lokalen netzeitungen) in gesellschaftliche Prozess eingreifen kann.
Das alles ist in Kassel AUCH deutlich geworden, spielt aber bei Norbert keine Rolle. Warum?
Eine Kraft außerhalb des „Fusionswahnsinns" lässt sich nicht
verhindern. Eine linke Kraft. Denn der nächste Schritt des Betrugs
wird ja eingeläutet. War es ja noch so, dass es eine NEUE linke
Partei geben soll, wird bald deutlich werden, das es tatsächlich,
schon aus finanziellen und rechtlichen Gründen nicht möglich ist,
dies zu realisieren.
Das wird dann das Vereinigungsabkommen I. bis VI, das die WASG und L.PDS Mitgliedschaft zu befürworten hat! Wie man das durchsetzt, das haben wir ja nun erlebt. Ich werde mich mit aller Kraft allen Versuchen widersetzen, dass dieses Netzwerk der
linken Opposition ein Feigenblatt der Linken wird/bleibt oder ist,
das nur dazu dient den Spruch „bleibt in der WASG um jeden Preis" zu unterstützen.
Ich alleine werde das nicht durchsetzen können, aber in dem großen Koopkreis der nach Kassel entstand gibt es, so hoffe
ich, genügend verantwortungsbewusste Männer und Frauen, die sich nicht auf dieses Einbahngleis begeben werden.
Was dann kommt, kann man befürworten, auch wenn es den
Denkansatz „wenn Wahlen etwas verändern würden, wären sie verboten" außer Acht lässt:
„Nein, es bleibt nur noch ein Neuanfang. Dieser muss von unten nach oben wachsen, mit regionalen Gründungen, die auf unterster Ebene weitermachen müssen mit Ehrlichkeit und sozialem Engagement bei den Kommunalwahlen und den Landeswahlen. Diese regionalen Anfänge gilt es zu gestalten und zu vernetzen. Jeder überhasteter bundesweiter Ansatz (mit Alleinvertretungsanspruch für das allein richtige Konzept, für die richtigste Satzung und das richtigste Programm) ist schon deshalb schädlich, weil er nicht nachgewiesen hat, die Wähler zu überzeugen. Schraubt Eure Ansprüche zurück, bildet überzeugende regionale Ansätze, sagt den Menschen die Wahrheit, übt Solidarität - also seid eine
Wahlalternative, die für soziale Gerechtigkeit und
Arbeit
vor Ort kämpft. Wiederholt nicht den Fehler, dass die Präsenz
im Bundestag oder Landestag das Primat haben müssten, sondern werdet zunächst außerparlamentarisch aktiv und geht auf die Massen zu.
Dieser Weg hat nebenbei gesagt auch den Charme, dass er von
Karrieristen als zu dornig und langwierig empfunden wird und diese
automatisch ausgeblendet werden."
Wir haben in Kassel angefangen und es wird ein sehr langer und
schwieriger Weg.
Das wird sich erst ändern wenn den Menschen klar wird, dass sich links von der SPD nur wieder eine weitere Sozialdemokratie aufgestellt hat und die verdient auch nur das, was man der „alten" Sozialdemokratie immer wieder bestätigen muss und mußte:
Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!
Dieter Braeg
Jetzt:
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Tel. 0043-662-825453
Sonst:
Dohler Straße 180
41238 Mönchengladbach
02166 20091
Dieter.Braeg@gmx.de
28/05/2006 09:54:44
Nachträglich ergänzt:
http://wega2006.twoday.net/stories/2074600/#comments
Kopiertes:
Wo sind eigentlich die Statements unserer Bundestags- abgeordneten zu dem ungeheuerlichen Auftreten eines Herrn Müntefehring? "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen"... hatten wir ja schon mal..
klasse!
Warum nicht gleich "Arbeit macht frei?" - und das am besten
gleich als Inschrift über den Eingang JEDER Hartz-IV Behörde? DAS wäre doch nur konsequent! Eigentlich hätte doch ein Aufschrei der Entrüstung durch die Fraktion der NEUEN LINKEN gehen müssen angesichts
dieser Ungeheuerlichkeiten - aber dort hat man offensichtlich nichts
anderes zu tun als seine Pfründe zu verwalten?
Wo sind Sie, Herr Gysi?
Oder Herr Lafontaine - und wie die Politpromis, die sich von uns Erwerbslosen in den Bundestag haben hieven lassen sonst noch alle heißen mögen... ich höre gar nichts mehr von Ihnen? Jaja - wenn man erstmal ganz oben ist, dann vergisst man ganz schnell wie man dorthin gelangt ist, nicht wahr?
Ich werde das dumme Gefühl nicht los, dass das Experiment WASG gescheitert ist. In der PÖstchenschacherei und der allgemeinen Intrigenwirtschaft hängen geblieben.... Lieber Kollege Lafontaine -
guck doch mal in mein Weblog - damit du weisst, wie es in der deutschen Wirkichkeit aussieht....
Bitte lesen:
www.egbert-scheunemann.de
Die dümmste aller Möglichkeiten.
Von der mutwilligen Zerstörung des Projektes einer
breit fundierten NeuenLinkspartei durch die Hurrafusionisten in WASG und Linkspartei.PDS –
und was man dagegen tun kann
von Egbert Scheunemann
Stand: 28. Mai 2006
Was ist
Es wird wohl als eine der skurrilsten Episoden in die politische Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland eingehen: Anfang 2005 gründet sich eine Partei mit dem Namen
Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit
, weil ihre Gründer mit Millionen vonWählern der Meinung sind, dass die große neoliberal gleichgeschaltete Koalition aus
CDUCSUFDPSPDundGrünen samt PDS, zumindest da, wo die PDS mitregiert, also in
Mecklenburg-Vorpommern und vor allem Berlin, keine Wahlalternative darstellt. Und
was passiert eineinhalb Jahre später? Der Bundesvorstand der WASG setzt die Landesvorstände
der WASG in Berliner und Mecklenburg-Vorpommern ab, weil sie es wagten,
den Wählerinnen und Wählern beider Bundesländer zu den Wahlen am 17. September
2006 eine antineoliberale
Wahlalternative zu bieten!Wie ist es dazu gekommen? Die von Turbofusionisten inzwischen zu Hurrafusionisten
mutierten Gegner eines eigenständigen Wahlantritts der WASG in Berlin und Mecklenburg-
Vorpommern geben vor – und vielleicht meinen sie das sogar im Ernst – , ein
eigenständiger Wahlantritt der WASG in einzelnen Bundesländern gefährde das übergeordnete,
weit wichtigere Projekt einer bundesweiten Neuen Linkspartei. Das ist zwar
nachweisbarer Unsinn. In vielen Städten und Bundesländern gedeiht die Zusammenarbeit
zwischen WASG und Linkspartei.PDS nämlich ganz prächtig – nicht zuletzt, weil
viele Linkspartei.PDSler selbst nur massives Kopfschütteln erübrigen für das, was ihre
Genossen in Berlin und sonst wo (Dresden etc.) politisch fabrizierten und fabrizieren. In
Hamburg, um nur ein Beispiel zu nennen, haben WASG und Linkspartei.PDS sogar
schon gemeinsame Büroräume bezogen – trotz aller Querelen in Berlin oder Mecklenburg-
Vorpommern. Und selbst dann, wenn sich diese Querelen zu eigenständigen
Wahlantritten der WASG in beiden Bundesländern ausgewachsen hätten bzw. noch auswachsen
sollten (noch sind diesbezüglich letzte juristische Worte ja nicht gefallen), betrüge
die Wahrscheinlichkeit, dass die Linkspartei.PDS den Prozess einer bundesweiten
Neuformierung der politischen Linken abblasen würde, nur weil zwei Bundesländer
nicht von Anfang an dabei wären, exakt Null: Die Linkspartei.PDS (Durchschnittalter
ihrer Mitglieder: 67!) hat ein existenzielles Interesse an einer Neuen Linkspartei, an einer
Frischzellenkur namens WASG, weil sie sich sonst einfach in absehbarer Zeit biologisch
erledigen würde. Und das wissen ihre Strategen.
Warum also die extreme Eile der Hurrafusionisten, die geradezu an eine Politik verbrannter
Erde grenzt? Unter dem massiven Druck der Drohung einer Spaltung der
WASG von oben stimmte auf dem Ludwigshafener Parteitag der WASG Ende April
2006 eine knappe Mehrheit für den Kurs der Hurrafusionisten. Ein Initiativantrag, der
sich gegen administrative Maßnahmen gegen WASG-Landesverbände aussprach, die
Wahlantritte gegen die Linkspartei.PDS planen, wurde mit einer Mehrheit von nur 13
Stimmen abgelehnt. Fast die halbe Partei stand und steht also nicht hinter dem Kurs der
Oskar Lafontaine, Ulrich Maurer, Klaus Ernst & Co. (Dass sich nach dieser ersten gro
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ßen Abstimmungsniederlage der Kritiker einer Turbofusion die Abstimmungsergebnisse
mehr und mehr in Richtung der Hurrafusionisten verschoben, tut hier nichts zur Sache –
und sagt maximal etwas über die Eigendynamik von Parteitagen und die politische
Standfestigkeit, besser: Manipulierbarkeit vieler Delegierter aus.) Selbst der, um ihn
mal so zu nennen: zentristische Flügel der Partei warf nach dieser Abstimmungsniederlage
das politische Handtuch in Form der Rücktritte der Bundesvorstände Sabine Lösing,
Joachim Bischoff und Björn Radke. Es wundert insofern nicht, dass umso mehr
die Parteilinke ihren eigentlich projektierten Generalangriff gegen die Linie um Klaus
Ernst abbrach und die geplanten Kandidaturen ihrer VertreterInnen zu den Nachwahlen
zum Bundesvorstand zurückzog – ein, wie im Nachhinein selbstkritisch festzustellen ist,
taktisch-strategischer Fehler erster Güte.
Aber der Schock saß zunächst tief. Viele Delegierte verließen vorzeitig den Parteitag.
Viele traten von ihren Parteiämtern zurück. Und viele verließen umgehend oder spätestens
nach Bekanntwerden der Absetzung der Landesvorstände der WASG in Berlin und
Mecklenburg-Vorpommern die Partei. Man wollte mit einer Partei, die mal ein breit
fundiertes pluralistisches und demokratisches Linksbündnis werden sollte, nun aber zu
einer autoritär-zentralistischen Kaderpartei zu degenerieren drohte, die nach Gutsherrenart
von der Bundestagsfraktion der Linkspartei.PDS und den Bundesvorständen
beider Parteien durchregiert wird, nicht länger etwas zu tun haben.
Also nochmals: Warum diese an einen Amoklauf erinnernde Politik der Klaus Ernst
& Co.? Warum lässt man die halbe Partei zurück – und noch weit mehr potenzielle Parteimitglieder
und noch viel, viel mehr potenzielle zukünftige Wähler? Gemessen am anfänglichen
Anspruch, eine möglichst breit, pluralistisch und demokratisch fundierte
Neue Linkspartei zu schaffen, ist die sich abzeichnende minimalistische Fusionsvariante
nämlich die mit Abstand dümmste aller taktisch-strategischen und organisatorischen
Möglichkeiten. Man würde sich kaum noch wundern, wenn in einiger Zeit die Bundesvorstände
beider Parteien und die Fraktionsstars der Linkspartei.PDS vor die Öffentlichkeit
träten und verkündeten, dass intensive juristische Prüfungen der partei- und wahlrechtlichen
Situation leider, leider ergeben hätten, dass die Neue Linkspartei leider,
leider nur durch einen Übertritt der Mitglieder der WASG zur Linkspartei.PDS zu haben
sei, also via Anschluss der WASG an die Linkspartei.PDS. Das Ergebnis wäre dann
eine post festum doch noch gelungene Westausweitung der PDS, nachdem viele ihr eher
ein Dasein post mortem prophezeiten – bis Lafontaine der WASG das Stöckchen hinhielt
und sie zur Bluttransfusion zugunsten dieser „halben Leiche“ (Ex-PDS-Vorstand
Joachim Bischoff über die damalige PDS) zwang. Das Ergebnis wäre eine PDS-plus,
eine PDS/ML (mit Lafontaine), also eine Kreation, um nicht zu sagen: Kreatur, die sich
nur wenig von dem geriatrischen Gebilde unterschiede, das zu wählen sich die Wählerinnen
und Wähler vor allem im alten Bundesgebiet über 15 Jahre hinweg massiv
weigerten – in Größenordnungen von 98-99 Prozent.
Wer also kann eine solche Entwicklung warum wollen? Nun, die Interessenlage der
Strategen und Mitglieder der Linkspartei.PDS wurde schon genannt. Sie ist ganz klar.
Die WASG ist für die PDS einfach ein Himmelsgeschenk. Retter in letzter Not sozusagen.
Nur, was treibt die Klaus Ernst & Co.? Ist man in 15 Monaten schon so korrupt geworden
wie die Grünen erst nach 15 Jahren? Bestimmt das Sein bzw. bestimmen Posten
und Pfründe wirklich derartig radikal das Bewusstsein? Oder ist es einfach taktisch-strategische
Dummheit? Ist man derartig in autoritär-zentralistische, dem 19. und frühen 20
Jahrhundert entstammende parteiliche (und gewerkschaftliche) Organisationsstrukturen
und politische Kulturen verstrickt, dass man die immer komplexer werdende soziale
und politische Realität und auch die Komplexität der politischen Linken zu erkennen
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nicht in der Lage ist – geschweige denn, diese Komplexität und Vielfalt als eigenständige
hohe Werte zu begreifen und in einer Weise organisatorisch zu vereinen, die diese
Komplexität und Vielfalt als Werte nicht nur bewahrt, sondern sogar als politische
Kraftquelle nutzt? Oder, wir sind ja wohlmeinend, ist man wirklich und im tiefsten Herzen
bange, dass die historische Chance einer bundesdeutschen Vereinigten Linken
durch Sperenzchen einiger WASG-Landesverbände versemmelt werden könnte – und
man lieber den Spatz (PDS-plus) in der sicheren Hand hat als die Taube (breites, pluralistisches,
Entwicklungszeit und neue, intelligente Organisationsformen benötigendes
Linksbündnis) auf dem fernen Dach?
Es gibt aber noch eine ganz andere Interpretation.
1 Sie lautet: Das Projekt einer Neuen(„Neuen“) Linkspartei wird von den Lafontaine, Maurer, Ernst & Co. von vornherein
auf Regierungsfähigkeit, nein, man sagt ja heute dezent: auf die Fähigkeit zur
Mitgestaltunggetrimmt. Ziel ist eine möglichst schnelle Regierungsbeteiligung. Die SPD geht
in der Großen Koalition mit der CDU sichtbar unter. Sie kann sich kaum profilieren.
Politisch klug wäre für die SPD also, nicht bis zur nächsten Bundestagswahl zu warten
und sich bei den Wählerinnen und Wählern die Quittung für ihre rosa angetünchte
CDU-Politik abzuholen, sondern die Große Koalition in der Mitte der Legislaturperiode
platzen zu lassen und eine – rechnerisch schon seit der letzten Bundestagswahl mögliche
– rot-rot-grüne Koalition zu schmieden. Dieses strategische Konzept würde aber eine
gefestigte Neue Linkspartei benötigen, bereinigt von allen demokratisch-sozialistischen,
basisdemokratischen, linkssubkulturellen, bewegungslinken, radikalen und authentisch
antineoliberalen Spinnern und Unruhestiftern und stramm durchorganisiert
und geführt von den Medienstars der Fraktion und den Apparatschicks der Partei, also
von „verlässlichen“ Leuten.
Für diese Interpretation spricht auch die regelrechte Besessenheit, mit der der Wahlantritt
der WASG gerade in Berlin von den Oberen der WASG wie der Linkspartei.PDS
bekämpft wird. Gerade die Berliner Linkspartei.PDS lebt mit ihrer „Mitgestaltung“,
sprich: Politik des Sozialabbaus und der Privatisierung öffentlichen Eigentums in der
Koalition mit der SPD schon vor, was bundesweit, wenn nicht nach Meinung der Lafontaine,
Maurer, Ernst & Co., dann auf jeden Fall nach Dafürhalten der Bisky, Gysi, Wolf
& Co. erst werden soll. Der neoliberal weichgespülte Kurs der Berliner Linkspartei.PDS
unter Harald Wolf zeichnet sich nämlich mehr und mehr als Mainstreamkurs der gesamten
Linkspartei.PDS ab – und damit, angesichts der Mitglieds- und Mehrheitsverhältnisse
in und zwischen WASG und Linkspartei.PDS, als Mainstream der projektierten
Neuen Linkspartei. Nichts würde diesen neoliberal weichgespülten Kurs so sehr
treffen wie ein erfolgreicher Wahlantritt der WASG in Berlin, erfolgreich im Sinne des
Endes der rot-roten Koalition und damit des Harald-Wolf-Kurses. Also muss der Wahlantritt
der Berliner WASG mit allen Mitteln bekämpft werden – auch mit vordemokratischen,
autoritären und damit widerwärtigen Mitteln, die große Teile der Mitglieder
der WASG und noch weit größere Wählerpotenziale nur noch abstoßen.
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1
Die folgende Interpretation stammt von meinem Freund und politischen MitkämpferHeiko Feldmann. Zumindest habe ich sie von ihm in dieser dezidierten Form erstmalig
gehört.
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Was sein könnte und was sein sollte
Nun, was tun, wenn man als authentisch antineoliberaler, basisdemokratisch orientierter
Parteilinker diese Entwicklung nicht will? Es wurde schon gesagt, dass viele Parteimitglieder
nach den Ereignissen in Ludwigshafen und Berlin die WASG angewidert verlassen
haben. Noch nicht gesagt wurde aber, dass die Parteilinke schon auf dem Parteitag
in Ludwigshafen – nach der ersten Lähmung quasi – zu einem Gegenangriff blies und
die linken Kritiker und Kritikerinnen in der WASG dazu aufrief, in der Partei zu bleiben
und sich am 20. Mai 2006 in Kassel zu einem bundesweiten Koordinationstreffen einzufinden.
Dieser Kongress hat inzwischen stattgefunden und – es ist fast seltsam – mit
sehr großem Erfolg!
2Viele Parteilinke haben schnell begriffen oder auch nur intuitiv erfasst, dass es – vorerst
– zur WASG als linker Sammlungsbewegung keine vernünftige Alternative gibt.
Begreift man die WASG primär als linke Abspaltung von der SPD (zu der sich auch
viele enttäuschte Ex-Grüne und Mitglieder sozialer Basisbewegungen etc. gesellten),
wäre angesichts der bislang nicht gerade berauschenden Wahlergebnisse der WASG (etwa
in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz) eine linke Abspaltung von dieser linken
Abspaltung momentan des Schlechten zuviel. Aber ich möchte betonen: Vorerst!
Denn es ist durchaus möglich und nicht gerade unwahrscheinlich, dass sich die beschriebene
dümmste Variante der Schaffung einer Neuen („Neuen“) Linkspartei durchsetzen
und der Leidensfähigkeit der basisdemokratisch und authentisch antineoliberal
orientierten Parteilinken damit ein Ende setzen wird. Ein neuer Anlauf zu einer breit
fundierten Sammlungsbewegung links von einer die WASG annektierenden Linkspartei.
PDS, in der sich der neoliberal angepasste Kurs der Berliner Linkspartei.PDS als
Mainstream etabliert hätte, wäre dann wohl unvermeidlich.
Noch haben die Hurrafusionisten aber nicht endgültig gewonnen. Es zeichnen sich
drei grundlegende Strategien ab, wie die authentisch antineoliberale Parteilinke in der
WASG und, ich betone: UND in der Linkspartei.PDS die Durchsetzung der dümmsten
aller Fusionsvarianten konterkarieren, ja verhindern kann:
Zunächst muss die Parteilinke in der WASG, ja in der gesamten Republik den Wahlantritt
der WASG (und wenn es sein muss der bereits gegründeten und für alle Fälle zur
Wahl schon angemeldeten WASB) in Berlin unterstützen, um der neoliberal angepassten
Harald-Wolf-Gedächtnis-LPDS in Berlin eine fulminante Wahlniederlage beizubringen
und dieserart zu verhindern, dass der an schnellstmöglichem Mitregieren orientierte
Kurs des Mainstreams der Linkspartei.PDS auch zum Mainstream der Neuen Linkspartei
wird. Diese Strategie habe ich an anderer Stelle genauer beschrieben und möchte
hier nur darauf verweisen.
3Zum zweiten muss die Parteilinke in der WASG jeden Gedanken an Rückzug und
Resignation zurückweisen. Parteiaustritte und Rückzug ins Private sind nicht erlaubt!
Das genaue Gegenteil ist notwendig. Wir müssen möglichst viele links orientierte Ex-
WASGler und Noch-nie-WASGler davon überzeugen, zumindest bis zum nächsten Parteitag
der WASG beizutreten. Niemandem wird zugemutet, das aus innerster politischer
Überzeugung zu tun. Und niemandem wird abverlangt, in Parteigremien oder auf Parteiversammlungen
den Verbalhandlungen der Hurrafusionisten beizuwohnen. Man muss,
_____________________________
2
Vgl. www.linkspartei-debatte.de/index.php?name=News&sid=4623
Vgl. www.egbert-scheunemann.de/Plan-B.pdfwww.egbert-scheunemann.de
Norbert Meyer fragt:“ Wie geht´s weiter?“….
ich habe Deine Statements auf dem BPT in Ludwigshafen sehr genossen.
Sie waren von innerer Substanz und ließen keinen Zweifel aufkommen, dass Du den Finger wunderbar in die Wunde legen kannst.
Den langen beschwerlichen Weg zur Erkenntnis zu kommen, eine fremde Partei umzukrempeln ist verlorene Müh - muss man sich die Geschichte der PDS anschauen.
Sie begann im Dezember 1989 mit der Umbenennung der SED in PDS-SED.
Auf diesem Parteitag liefen den Genossen die Mitglieder scharenweise weg, da man nicht gewillt war, einen Schlusstrich zu ziehen und einen Neuanfang zu wagen. (wobei Gysi im Hintergrund allerdings die Fäden ziehen musste, da sonst das ganze Geld der ehemaligen SED an Helmut
Kohl gegangen wäre)
Neuanfang heißt, Neustruktuierung und der Wille einer Neuformation.
Und trotzdem haben die verbliebenen Mitglieder vollmundig von Neuanfang und Umkrempelung alter Hüte in ihrer Partei geredet. Sogar neue Mitglieder wurden in diese Partei gespült, die glauben und glaubten, diese Partei kann man fortschrittlich beeinflussen.
In den Jahren 1992/1993 begann erneut der Versuch der Innovation. Auf diversen Bundesparteitagen wurde die Stasi-Sache eindeutig geklärt:
keine Stasileute in verantwortungsvollen Positionen der PDS! Es blieb nur bei Beschlüssen die nicht umgesetzt wurden (siehe 2005 Heilmann und der Bundesschatzmeister im Dez. 2005).
Dieser von Dir angemahnte lange beschwerliche Weg muss über die Bürger gehen, nicht über Mitglieder anderer Parteien.
Natürlich hat die PDS-Linkspartei Strukturen im Osten in der
Öffentlichkeit - kein Wunder - sie ist ja auch schon 16 Jahre im
Geschäft. Nur Mitreißen tun sie niemanden mehr. In Berlin und MeckPom wird sie bereits als Partei im bestehenden altbekannten Parteiensystem gesehen, sie mischen dort kräftig mit und der Unterschied auf Landesebene zwischen Linkspartei und SPD wird niemanden deutlich.
Und in Sachsen-Anhalt waren auch 20000 Bürger der Meinung, nein die PDS nicht noch einmal wählen (und das als Nicht-Regierungspartei). Ob hier bereits dieser unsägliche "Parteineubildungsprozess" eine Rolle gespielt hat, ich vermute es mal ohne mich festzulegen.
Kassel war ein Zeichen der Hoffnungs- und Richtungslosigkeit.
Und die PDS hat recht, nur über Parlamente kann man die Zukunft beeinflussen.
Und in Regierungen auch, wenn man als Koalitionspartner klare Perspektiven besitzt, die wenn an ihre Grenzen stoßen auch den Mut aufbringen, Schluss zu machen. Kompromisse ja, aber nicht unendlich dehnbar.
Für MeckPom gibt es keine Alternative als allein anzutreten. Oder wie stark ist die WASG in Sachsen-Anhalt nach den Landtagswahlen im März 2006 geworden? Und was glaubt wer, was passieren wird, wenn in Berlin und MeckPom das gleiche zu den Landtagswahlen wie in Sachsen-Anhalt
passiert?
Und was ist passiert im Westen seit der Budnestagswahl?
Die Linkspartei ist immer noch intakt, hier wie im Osten.
Und was ist mit der WASG? Sie wird nach jeder weiteren Landtagswahl demontiert.
In BaWü ohne Ergebnis in RLP ohne Erfolg (hier bereits wurde die These wiederlegt, dass bei Linken Bundestagswahl- ergebnisse Landtagswahlergebnisse voraussagen) - die Linkspartei-Strukturen werden systematisch im Westen aufgebaut.
Wer daran glaubt, mit einer großen, erfolgreichen (gebe ich zu) und intakten Partei sich zu vereinigen, wird nur assimiliert. Ist in der Geschichte von Völkern nicht anders.
K. Dörre